Das heutige EU-Gipfeltreffen der 27 in Bratislava will neue Impulse für die weitere Entwicklung der EU geben. Es ist nun entscheiden, dass nicht die falschen Schlüsse aus dem Brexit gezogen werden.

Es ist viel über den Brexit geschrieben und gesagt worden. Einige Stimmen daraus gehen davon aus, dass der Brexit ein Zeichen dafür ist, dass die europäische Integration ausgebremst oder sogar zeitweilig gescheitert ist. Dies ist im Grunde eine unvollständige Darstellung, weil nicht die europäische als Ganzes, sondern – paradoxerweise – die wirtschaftliche Integration in Europa ausgebremst wurde. Die politische Integration wurde schon vor ein paar Jahren vernachlässigt. Aber genau dies ist gerade der Kern des Problems.

Die EU hat sich lange Zeit sehr stark auf die wirtschaftliche Integration konzentriert. Keine Frage, dass dies auch von Bedeutung ist, doch um eine erfolgreiche ökonomische Integration zu fördern, braucht es zunächst oder zumindest im Gleichklang eine gesellschaftspolitische Integration. Mit anderen Worten, sind gestärkte politische Rahmenbedingungen von Nöten, um ein erfolgreiches wirtschaften, welches die Menschen im Blick hat, möglich zu machen.

Dabei sind starke politische Rahmenbedingungen nicht mit einer Zunahme der Bürokratie gleich zu setzen, sondern mit einer Verbesserung des Verhältnisses zwischen der Politik und den Menschen im Entscheidungsprozess. Genau diese Verbesserung des Verhältnisses hat in der Vergangenheit zu Fortschritten (Wandel) in der gesellschaftpolitischen Entwicklung in Europa geführt und somit auch zu einer Ausweitung der gesellschaftlichen Wohlfahrt. Um es klar zu stellen, die Logik der Ökonomie trägt von sich aus kaum humane und nachhaltige Züge in sich. Deshalb braucht es die Politik, die die Prinzipien und Werte für die Allgemeinheit hoch hält (hoch halten sollte).

In diesem Sinne ist das Verhältnis zwischen den europäischen Bürgern und der EU in eine schiefe Lage geraten. Die EU hat die Menschen zunehmend aus dem Blickfeld verloren. Sie peitscht im Eiltempo wirtschaftliche Kooperationen voran, die jedes Mass an Vernunft verloren haben. Anstatt sich auf die Stärkung der demokratischen Züge in Europa zu konzentrieren und dabei solche Werte zu festigen und fortzuführen (es reicht nicht nur darüber zu reden), setzt die EU auf den Status quo (Lissabon Vertrag) und rennt um die Welt und verhandelt auf politische Kosten der europäischen Bürger mit (halb-) autokratischen Regimen oder über undemokratische Schiedsgerichte hinter verschlossenen Türen, um überhitzt einen Wachstum von 0,5 -1 % zu propagieren. Zeitgleich haben, zum Beispiel, junge Menschen keine Perspektiven in vielen Teilen Europas und verzweifeln an der Arbeitssuche. Was also bringt minimale Wachstumsraten, wenn dies im europäischen Kontext, bei den normalen Bürgern nicht anklingt? Es bringt nichts! Wirtschaftlicher Wachstum und nachhaltige Entwicklungen bringen nur etwas, wenn es im Sinne der europäischen Bürger ist und nicht im Sinne eines reinen ökonomischen Wachstums an sich.

Es braucht deshalb Verbesserungen der politischen und demokratischen Strukturen im europäischen Zusammenhang. Die EU muss sich nun ran halten und den nächsten Schritt wagen, damit sie aus dem Lissabon Vertrag herauswächst, um eine neue Grundlage zu schaffen. Wichtig dabei ist auch, dass die Weiterführung der gesellschaftspolitischen Integration nicht als Anstieg der Bürokratie verstanden wird, sondern als Stärkung der europäischen Gesellschaft. In diesem Sinne muss die EU die Nähe der Bürger suchen und sie als Grund ihrer Existenz sehen und nicht als Mittel. Mit anderen Worten, wenn die EU Strukturen in den Beteiligungsprozessen schaffen kann, die das Verhältnis zu den europäischen Bürger verbessert, dann kreiert sie eine neue Legitimationsbasis, die in den nächsten Level der gesellschaftlichen Integration in Europa und damit auch der ökonomischen Entwicklung führen wird.

 

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