Ereignisvolle und turbulente Wochen/ Monaten stehen hinter und vor Bosnien und Herzegowina.

Eine überraschende Wende folgte dieses Jahr nach einer langen Zeit der Stagnation. Der Koordinationsmechanismus wurde adoptiert. Dies bedeutet eine Besserung der Koordinierung und Ausführung der Grundsätze und eine effektivere Interaktion zwischen Bosnien-Herzegowina und der Europäischen Union. Dies ist ein wichtiger Schritt nachdem die bosnisch-herzegowinische EU-Beitrittsbewerbung vom Februar dieses Jahres im Rat der EU diskutiert wurde.

Im Rahmen der EU Integrationen steckte Bosnien-Herzegowina eine längere Zeit fest; zusammen mit Kosovo und Mazedonien, die schon 2004 EU-Kandidatenstaaten wurden, aber durch tiefe politische Probleme und dem Veto von Griechenland im Streit um den Namen „Mazedonien“, nicht wirklich vorangekommen sind. Das Beispiel von Mazedonien wird oft auch in Bosnien-Herzegowina erwähnt, da auch ein eventueller Kandidatenstatus nicht bedeutet, dass das Land automatisch an einem Reformweg vorankommt. Es bedeutet nur, dass noch eine härtere Arbeit und ein grösseres Engagement aller beteiligten Parteien von Nöten ist. Im Moment jedenfalls ist Montenegro am weitesten fortgeschritten im Beitrittsprozess, gefolgt von Serbien und dann Albanien.

Der Präsident des bosnisch-herzegowinischen Ministerrats, Denis Zvizdić, war kürzlich auch in Brüssel und hat dort die Fortschritte Bosnien-Hezegowinas vorgestellt und befürwortet, dass sein Land einen Kandidatenstatus im Jahre 2017, nachdem zahlreiche Reformen festgesetzt wurden, verdient.  53% der Maßnahmen aus der Reformagenda wurden schon realisiert und die Adaptierung des Koordinationsmechanismus war das letzte Kriterium, dass erfüllt werden musste, um die EU-Beitrittsbewerbung zu untermauern.  Ein Verkehrsgrundsatz wurde zudem angenommen und somit auch alle Voraussetzungen, zum Zugriff auf weitere regionale- und EU-Gelder, erfüllt.

Ausserdem, nach der Adaptation des Koordinierungsmechanismus, hat Bosnien-Herzegowina auch ein Abkommen mit EUROPOL über strategische Zusammenarbeit unterzeichnet.

Diese gewissen positiven Ereignisse stehen aber nun im Schatten des Volksentscheids in der Republika Srpska letztes Wochenende. Die Volksabstimmung fand in der kleineren bosnischen-herzegowinischen Entität am 25. September statt. Die Frage war, ob der 9. Januar als Tag der Republik gefeiert werden soll.  Denn damals, am 9. Januar 1992, haben die Serben in Bosnien und Herzegowina ei(ge)nstimmig, ohne Bosniaken und Kroaten, auf Pale (bei Sarajewo) eine Serbische Republik Bosnien und Herzegowina verkündet.

Dieses Datum blieb für Bosniaken und Kroaten umstritten und am 17. September dieses Jahres wurde diese Volksabstimmung zudem durch das Verfassungsgericht als verfassungswidrig erklärt, womit die Republika Srpska aufgefordert wurde die Volksabstimmung zu suspendieren. Internationale Akteure ruften auch nach einer Suspension der Volksabstimmung auf. Trotz all dem kündigte Milorad Dodik (Präsident der Republika Srpska) die Abstimmung gleich nach der Entscheidung des Verfassungsgerichtes nochmals an. Der russische Präsident Putin brachte ausserdem zum Ausdruck, dass er für die Abstimmung sei und dass er, nach einem kurzen Meeting in Moskau, Dodik unterstütze.

Ob diese Volksabstimmung eine Ouvertüre für weitere Abstimmungen (oder auch für weitere Unabhängigkeitsbestrebungen) ist, bleibt weiterhin unklar. Die Stimmung ist jedoch angespannt. Eine steigende Ablehnung der gesamtstaatlichen Gesetze und eine zunehmende Widersetzlichkeit kommen, in der Republika Srpska, immer mehr zum Vorschein. Die Volksabstimmung war, in diesem Sinne, nicht nur eine einfache Frage, sondern auch eine Art von Votum für eine ausgeprägte Eigenwilligkeit und gegen eine gesamtstaatliche Verfassung verknüpft mit einer Ignorierung gegenüber internationalen Stimmen.

In den Wochen vor den Lokalwahlen wurde diese Frage stark politisch und nationalistisch manipuliert. Ein Dialog zwischen den drei grössten Volksgruppen war nicht in Sicht. Vorwürfe und starke Aussagen kamen von allen Seiten und standen einem Dialog im Weg.

Die serbische Entität ist zu alledem auch finanziell in einer schlechteren Lage als die Föderation. Nationalismus und politische Fragen, statt wirtschaftliche und soziale, bleiben im Vordergrund und vertreiben weiterhin tausende junge Leute aus allen Regionen Bosnien-Herzegowinas.

Wie nun mit der Zustimmung dieser Volksabstimmung umgegangen werden soll, wird sich in Zukunft noch zeigen. Der Konflikt zwischen einem Fortschritt der europäischen Integration und dem Fortschreiten der inneren Spaltung scheint jedenfalls voranzuschreiten.

 

Bildquelle: http://www.dw.com/de/umstrittenes-referendum-bosnischer-serben/a-35884686