In den letzten Tagen war Mazedonien oft in den Schlagzeilen. Ein Land, dass kaum Aufmerksamkeit auf sich lenkt, ist nun im Fokus der europäischen Lösungssuche in der Flüchtlingpolitik. Dabei wird Mazedonien fast schon umgarnt. Die Einladung und Teilnahme an der überregionalen Wiener Konferenz zur Eindämmung des Flüchtlingsstroms vor etwa zwei Wochen macht dies deutlich. Jedoch wird gerne vergessen, dass Mazedonien in einer innenpolitischen Krise steckt, und das grösstenteils unabhängig von der Flüchtlingskrise.

Seit Jahren wird dieses Land von der national-konservativen Partei VMRO-DPMNE und ihrem starken Mann Gruevski dominiert. Der Staatsapparat ist von Parteitreuen der VMRO-DPMNE durchsetzt. Die Medien stehen auch unter deren Kontrolle. Doch der letztjährige Abhörskandal der Gruevski Regierung brachte das Fass zum überlaufen. Diverse Proteste – teilweise organisiert durch die Opposition – wurden durchgeführt, um den zunehmenden Autoritarismus Einhalt zu gebieten. Die Parlamentswahlen im April 2015, welche klar von der VMRO-DPMNE gewonnen wurde, verschlechterte die Lage weiter, da die Opposition das Wahlergebnis aufgrund von Manipulationsverdacht nicht anerkannte.

Erst auf Druck der EU und der USA kamen die wichtigsten Parteien des Landes an einen Tisch, um die innenpolitischen Krise zu überwinden. Nach langen und schwierigen Verhandlungen (einschliesslich machtpolitischem Zankerei), wurde der Rücktritt von Gruevski bewirkt und nach weiteren zähen Verhandlungen Neuwahlen auf den 5. Juni 2016  angesetzt.

Doch damit ist die Krise längst nicht überwunden. Zum einen ermöglicht die Flüchtlingskrise dem konservativem Gruevski sich wieder in den Vordergrund zu spielen und sich erneut als Ministerpräsident anzubieten. Dies würde eine Rückkehr zu den alten Gewohnheiten bedeuten und könnte somit auch zu einer weiteren Verschärfung der Protesten führen.

Zum anderen wird die hohe Arbeitslosigkeit von ca. 30% nach den Wahlen nicht verschwinden, egal wie das Resultat dann aussähe. Die sozialpolitischen Spannungen werden damit weiter bestehen bleiben. Zudem ist der innere Konflikt zwischen der slawischen Merheit und der albanischen Minderheit im Land längst nicht überwunden.

Die Skandale der Regierung, wirtschaftliche Resignation und die kulturellen Spannungen sorgen für genügend Zündstoff, um weitere Brandherde aufkommen zu lassen. Unter dem Deckmantel der Flüchtlingskrise braut sich etwas zusammen, dass eine europäische Aufmerksamkeit benötigt. Doch die Befürchtung liegt nahe, dass sich Europa zu sehr auf die Flüchtlingspolitik konzentriert, mit der Konsequenz, dass in Mazedonien gesellschaftliche und innenpolitische Konflikte vermehrt unterschätzt werden. Es bleibt zu hoffen, dass die Flüchtlingskrise in Zukunft nicht noch zu zusätzlichen und unberechbaren Konsequenzen führen wird.

 

Bildquelle: http://www.n-tv.de/politik/In-Mazedonien-droht-der-naechste-Konflikt-article15137026.html