Junge Menschen, die nach 1990 geboren wurden, lernten vom Kalten Krieg nur über Geschichtsbücher. Ein Konflikt der Vergangenheit, den die Eltern erlebt hatten. Immer mehr zeigt sich jedoch, dass der Konflikt zwischen Ost und West alles andere als vorbei ist. Mit dem Ausbruch des Ukraine-Konflikts im Februar 2014 hat der unterschwellige Konflikt wieder offen sein Gesicht gezeigt.

Natürlich hat sich einiges am Konflikt geändert. So hat die EU seit Ende des Kalten Krieges und dem fortlaufenden Beitritt osteuropäischer Staaten an Einfluss und Macht gewonnen, die für Russland viel unmittelbarer geworden ist. Vermehrt spielt sich der Konflikt nun also zwischen der EU und Russland und weniger zwischen Russland und der USA ab. Auch wenn Russland besonders bei UNO-Resolutionen über andere Konflikte immer noch gerne den USA die Stirn bietet und über die EU hinweg mit der USA verhandelt, ist die geographische Nähe der EU zu Russland von grösserer Wichtigkeit. Dies zeigt sich besonders am Paradebeispiel der Ukraine, welche von beiden Seiten wörtlich hart umkämpft wird. Sie ist jedoch nicht das einzige Beispiel. Viele osteuropäische Staaten pflegen noch immer gute Beziehungen zu Russland, andere fürchten die Macht im Osten und hoffen auf Unterstützung aus dem Westen. So rüstet die NATO auch das Baltikum auf, um die Staaten vor dem Einfluss Russlands zu schützen.

Die Staaten der ehemaligen Sowjet-Union sind von Russland stark geprägt worden, haben sich jedoch – mit Ausnahme von Weissrussland – immer mehr Richtung Westen bewegt, um entweder der EU beizutreten oder sich ihr anzunähern. Sie sind die Schnittstellen, die Front, der Bruch zwischen Ost und West. Doch statt die beiden Seiten immer nur zu entzweien, sind gerade diese Länder eine Chance. Eine Chance, um Russland und Westeuropa näher zu bringen, mehr gegenseitiges Verständnis aufzubringen und endlich konstruktiv zusammen zu arbeiten. Diese Hoffnung ist nicht neu. Das Beispiel Serbien, dessen Regierung einerseits hart am EU-Beitritt arbeitet und andererseits seine guten Beziehungen zu Russland nicht aufgeben will, zeigt dass diese Bestrebungen innerhalb der betroffenen Staaten sehr erwünscht sind.

Es ist wichtig, dass beide Seiten, Ost und West, verstehen, dass wir nicht mehr in einer Welt des Entweder-oder leben, sondern in einer Welt des Sowohl-als-auch, wie dies schon Ulrich Beck in seinem Buch „Der Kosmopolitische Blick“ aufzeigt. Es muss möglich sein, dass Serbien und die anderen osteuropäischen Staaten sowohl mit der EU, als auch mit Russland gute Kontakte pflegen und wirtschaftlich handeln können. Dies bedingt, dass beide Seiten kompromissfähiger werden und besonders im Falle Russlands eine Bewegung zu mehr Demokratie stattfinden muss. Es ist nicht unmöglich, aber es braucht eine gewisse Offenheit und harte Arbeit. So dass irgendwann die mittelost- und südosteuropäischen Staaten nicht mehr die Front, der Bruch, sondern der Übergang, die Brücke von Ost nach West sind.