Betteln ist wahrscheinlich einer der ältesten Erscheinungen die es seit Menschengedenken gibt. Heutzutage wird diese Art von Aktivität auch häufig mit den Roma aus Mittelosteuropa in Verbindung gebracht.

Nachdem Rumänien und Bulgarien der Europäischen Union im Jahr 2004 beigetreten waren, trafen vermehrt Roma aus den beiden Ländern in westlichen Hauptstädten ein. Viele von diesen Menschen wurden schnell als Bettler, Schnorrer und Diebe angesehen und nicht gerne willkommen geheissen.

Anfänglich haben sie sich oft in London, Paris und Rom niedergelassen. Aber als Resultat von kontroversen politischen Entscheidungen, wurden zunächst in Frankreich im Jahr 2010 in den sogenannten Roma-Camps Behausungen zerstört und etwa zwanzigtausend Roma praktisch vertrieben.  Dies führte im Gegenzug zu viel Kritik und Streit auf EU-Ebene. Eine ähnliche Situation ereignete sich auch in Italien, wo eine erzwungene Zwangsräumung zu einer Umsiedelung der Roma in Wohn-Containern und mobilen Unterkünften innerhalb von isolierten, überfüllten und eingezäunten Camps führte. In Britannien ist die Erzählung der Roma eng mit Kinderhandel und mit diversen Straftaten, wie zum Beispiel Taschendiebstahl und Tricksereien verknüpft. All diese Streitpunkte und gewissen Vorurteilen haben den Weg für Diskriminierung und harscher Politik gegenüber Menschen mit Roma-Hintergrund geebnet.

Einschliesslich ihrer Ursprungsländer sind die Roma immer wieder mit der gleichen Behandlung und Abneigung konfrontiert. Beispielsweise in Rumänien sind die Roma oft von Zwangsräumungen und Diskriminierung betroffen.

Sichtlich und zu Recht gibt es viel Kritik von Menschenrechtsorganisationen betreffend Diskriminierung, Rassismus und generelle Behandlung, sowohl in ihren Heimatländern als auch in den Ländern, in denen sie ausgewandert sind. Nichtsdestotrotz – obwohl ich eine grosse Unterstützerin von Menschenrechten bin – frage ich mich manchmal politisch unkorrekt: Kann man dieses gesellschaftliche Unbehagen gegenüber den Roma nicht bis zu einem gewissen Grad sogar verstehen?

An dieser Stelle ist zu erwähnen, dass – seit einer Weile – sich die Zielländer vieler Roma ein wenig nach Skandinavien verschoben haben und dass ich vor Kurzem einige Tage in der Hauptstadt von Dänemark verbringen konnte.

Es gibt in jeder Stadt Bettler und Kopenhagen ist hier keine Ausnahme. Man konnte die Bettler überall an den touristischen Orten sehen. Aber, insbesondere ein Umstand zog die Aufmerksamkeit auf mich: Eine Frau mit einem Kopftuch – ähnlich wie es muslimische Frauen tragen – lief herum, von Person zu Person, und bat um eine Spende. Wie wir alle wissen, ist Europa mit einer grossen Anzahl von Flüchtlingen (oft mit islamischen Glauben) konfrontiert. Deshalb kam mir die Frage auf: Ist diese Frau ein Flüchtling? Meine Neugier wandelte sich in eine gewisse Wut. Nein, sie war kein Flüchtling! Sie war eine Roma. Es schien, dass sie sich nur als Flüchtling verkleidet hatte, um einfacher an Geld zu kommen und dies mit dem Bewusstsein, dass Flüchtlinge Hilfe brauchen. Dies ist eine ähnliche Szene, die kürzlich auch schon in Britannien gesehen wurde. An einem Freitag, während eines Bettages um eine Moschee, kleideten sich Roma Frauen mit einem Kopftuch und fingen an zu betteln.

Natürlich kann man nicht alle über einen Kamm scheren. Doch, unter solchen Umständen, wie kann man nicht abneigende Gefühle gegenüber Roma aufbauen, wenn man sieht, wie gewisse Roma die Situation von anderen leidenden Menschen (Flüchtlinge) schamlos ausnützen, um damit die Herzen der Menschen zu berühren und ihnen das Geld aus der Tasche zu betteln?

Aber in Wirklichkeit ist das Thema mit der Roma-Volksgruppe in einem grösseren Bild zu sehen, bevor man wieder eine abneigende Keule schwingt. In dieser Hinsicht muss auch ich mich an meine eigene Nase fassen. Nein, meine gewisse Wut, die ich gegenüber der Roma Frau hatte war situativ nicht falsch – ich dachte an die zumeist kriegstraumatisierten Flüchtlinge – aber mir wurde kurz darauf auch wieder bewusst, dass die Roma von vielen Gesellschaften von Grund auf mit viel Abneigung, Misstrauen und sogar Diskriminierung konfrontiert sind. Mit anderen Worten wachsen schon viele Roma früh mit dieser Distanz und Abneigungskultur auf. Man treibt viele – im überspitzten Sinne – somit fast schon in diese Welt des Bettelns, Schnorrens und Tricksens.

Folglich ist es entscheidend, dass diese Abneigungskultur in unseren Gesellschaften aufhört und eine Anstrengung zu einer verstärkten Integration gefördert wird. Natürlich ist dies nicht immer einfach und die Integrationsbemühungen sind auch mit Misserfolgen verbunden. Aber an dem Tag, an dem die Roma schlussendlich in einem Klima der Akzeptanz aufwachsen, wird auch unter anderem das Betteln und Tricksen in grossem Masse zurückgehen.

Ich für meinen Teil werde weiter an der Akzeptanz arbeiten und werde mich dabei nicht von meiner eigenen situativen Gefühlslage abbringen lassen. Es geht eben nicht immer um die einzelne Situation, sondern um das grosse Ganze. Dafür lohnt es sich, sich zu engagieren.

 

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