Ein Staat, zwei Entitäten, drei Nationen: Bosnien und Herzegowina als ein demokratischer Staat, der gespaltener nicht sein kann. Ein Staat, der insgesamt 3,8 Millionen Einwohner bewohnt, in zwei konstitutive Landesteile geteilt ist und drei Landessprachen innehat (bosnisch, serbisch, kroatisch). Im Folgenden nun ein Einblick in dieses komplexe System. [1]

 

Geschichte

Bosnien und Herzegowina war Teil des Vielvölkerstaates Jugoslawiens und erhielt nach dem Zerfall 1992 seine Unabhängigkeit. Das Referendum für die Unabhängigkeit erhielt 60% Zustimmung, wurde jedoch von der serbischen Entität in Bosnien boykottiert, die den Verbleib im jugoslawischen Staat befürworteten. Die führte zu einem grausamen Krieg von 1992-1995: Bosnische Serbien und bosnische Muslime standen sich gegenüber, beide erhielten Unterstützung von paramilitärischen Gruppen. Erst durch die Vermittlung der USA kam 1995 ein Friedensabkommen zustande – das Friedensabkommen von Dayton, welches Bosnien als souveränen Staat international anerkennt. Dies wurde aber nur durch eine Zweiteilung des Landes möglich: 49% des Territoriums wurde zur Republika Srpska, die aus insgesamt 142 Gemeinden besteht. Aus den restlichen 51% entstand die Föderation von Bosnien-Herzegowina, die 10 Kantone mit eigenen Zuständigkeiten besitzt. [2]

 

Das komplexe politische System

Durch die Spaltung des Landes und die verschiedenen Zuständigkeitsbereiche gilt das politische System als eines der kompliziertesten. Die Verfassung entstand durch den Friedensvertrag von Dayton 1995. Das Staatspräsidium als Staatsoberhaupt des ganzen Landes enthält einen kroatischen, muslimischen, sowie serbischen Bosnier. Der Bosnisch-serbische Kandidat wird auf dem Territorium Srpska gewählt, die anderen beiden auf dem der FBIH. Seit 2018 ist Milorad Dodik Vertreter der Bosniaken, Sefik Dzaferovic Vertreter der Serben und Zeljko Komsic Vertreter der Kroaten. Außerdem wurde das Amt des hohen UN-Repräsentanten eingerichtet (OHR), welcher den Friedens- und Demokratisierungsprozess im Land begleiten soll. Der Gesamtstaat hat jedoch nur wenige Kompetenzen inne, nämlich die Außenpolitik, den Außenhandel (Zoll- und Währungspolitik), Migration, sowie Grenzschutz und Luftverkehr. Im Ministerrat sitzt der Regierungschef, welcher seit 2018 Zoran Tegeltija von der Partei SNSD (Allianz unabhängiger Sozialdemokraten) ist; dieser wird vom Staatspräsidium vorgeschlagen und von der Repräsentanten-Kammer bestätigt.

Das Parlament besteht wiederum aus zwei Kammern: der Repräsentanten-Kammer mit insgesamt 46 Abgeordneten (28 aus FBIH, 14 aus Srpska) und der Völkerkammer mit gesamt 15 Abgeordneten (je 5 Abgeordnete von Bosniaken, kroatischen und serbischen Bosniern). Die Völkerkammer soll die Interessen der Ethnien vertreten. Die Legislaturperiode beträgt vier Jahre. [3]

Alle weiteren Kompetenzen liegen bei den jeweiligen Landesteilen: Sie beide besitzen eine eigene Legislative und Exekutive. Das Parlament der Republik Srpska besteht aus 83 Sitzen, jenes der FBIH aus 140 Mitgliedern. [4]

Wirtschaftliche Entwicklungen & Beziehungen zur EU

Bosnien und Herzegowina hat weiterhin mit hoher (Jugend-)Arbeitslosigkeit, einem Leistungsbelastungsdefizit und vor allem mit hoher Korruption zu kämpfen. Diverse Schüler- und Studentenprogramme wurden jedoch errichtet, um die Abwanderung aus dem Land zu verhindern bzw. die Jugendarbeitslosigkeit zu senken. Die Konvertible Mark ist seit 1998 das nationale Zahlungsmittel des ganzen Landes. Die Corona-Pandemie hatte auch gravierende Auswirkungen auf Bosniens Wirtschaft – jedoch litt vor allem der Dienstleistungssektor stark. Wirtschaftliche Hilfen kamen hier erst durch die Vermittlung internationaler Akteure zustande.

2016 hat Bosnien einen Antrag auf EU-Beitritt gestellt, bisher gibt es aber keine Verhandlungen. Abgesehen davon ist das Land seit 2015 Mitglied bei SAA (Stabilisierungs-und Assoziierungsabkommen), das Reformen im Land verpflichtet und als Grundlage für bessere Handelsbeziehungen und Investitionen zur EU gesehen wird. Außerdem ist das Land seit 2006 Mitglied des Partnership for Peace-Program, sowie des SEEWA. [5]